Ego-Shooter sind doch immer schnell und rasant – zumindest war es bis jetzt so. Denn SUPERSHOT ist wohl mit Abstand der langsamste Shooter aller Zeiten, denn bleiben wir stehen bleibt auch die Zeit still.
Wir haben keine Waffe und von Gegnern eingekreist. Da müssen wir dem Bösewicht wohl eine mit der Faust ausverpassen. Schon verliert er seine Pistole, die wir auffangen, um ihn damit erledigen. Dann drehen wir uns 180 Grad undknallen den nächsten Gegner ab.
Munition alle! Gekonnt werfen wir sie dem Gegner ins Gesicht. Jetzt taumelt er vor sich hin und wir nehmen ihm seine Schrotflinte ab und holen uns den nächsten Gegner Den Rest erledigen wir dann mit der Katana.
Dieses Prozedere gehört zum Standardprogramm von Supershot. Immer wieder besiegen wir so eine Horde von gegnern schlagen sie mit ihren eigenen Waffen, mit bloßen Fäusten oder mit herumliegenden Objekten wie Flaschen und Billardkugeln. Auch wenn es noch so hektisch klingen mag, ist das Gameplay umso smoother.
Die Zeitlupe macht’s möglich
Das funktioniert deshalb so gut, weil die Zeit im Spiel immer dann einfriert, wenn wir stillstehen und nur dann normal weiterläuft, wenn wir uns bewegen, schießen oder Nahkampf Aktionen ausführen. So sehen wir entgegenkommende Kugeln in Superzeitlupeund können diesen ganz easy ausweichen. Auch Gegnern Schlagen, bevor sie den Abzug betätigen oder fallengelassene Waffen auffangen, bevor diese auf dem Boden landen ist möglich.
In gefährlichen Situationen tauschen wir in Superhot unseren Körper mit dem eines Gegners. Sehen wir beispielsweise eine Ladung Schrot auf uns zufliegen, übernehmen wir einfach den Körper des Schützen. Dieser schlüpft dann gezwungenermaßen in unseren alten Körper und bekommt seinen eigenen Schuss ab. Allerdings ist diese Fähigkeit mit einer Abklingzeit versehen und sollte darum nur im äußersten Notfall eingesetzt werden. Und solche Notfälle gibt es reichlich, denn in den meisten der 32 Level im Spiel sind wir sofort umstellt und starten grundsätzlich unbewaffnet. Was extrem unfair klingt, ist aufgrund der cleveren Spielmechanik aber durchaus schaffbar.
Ein Kampfszenario läuft typischerweise so ab: Wir verpassen dem ersten heranstürmenden Gegner einen Schlag, schnappen uns im Flug dessen Waffe, erledigen Gegner Nummer Zwei, der bereits zum Schlag gegen uns ausholt und gehen dann erst mal in Deckung. Die erste Welle ist geschafft, im Regelfall rückt nun Verstärkung an. Unsere Waffe – nur noch ein Schuss im Magazin – entleeren wir in den Kopf des nächsten Feindes und werfen die Schießprügel-Hülle der nächstbesten Person an den Schädel. So segnen nach und nach alle Gegner das Zeitliche, wir arbeiten uns Stück für Stück durch die heranschwirrenden Kugeln.
Das Ganze sieht im integrierten Replay-Modus schließlich doppelt gut aus. Denn mit dieser Funktion sehen wir am Ende jedes Levels, wie wir uns geschlagen haben – und zwar in Echtzeit, ganz ohne Zeitlupe. Geben wir dann doch mal den virtuellen Löffel ab, wird der entsprechende Level fix per Tastendruck neu gestartet. Frustmomente gibt es darum fast keine. Superhot spielt sich damit wie ein intensiver »Puzzler« – von uns wird Köpfchen gefordert, klassische Shooter-Anforderungen wie schnelle Reflexe und Zielgenauigkeit verkommen zur Nebensache.
Die meisten Tode verdanken wir der Anzahl unserer Feinde und nicht etwa deren intelligenter Vorgehensweise. So startet ein Level in einem Aufzug, den wir uns mit drei Gegnern teilen. Jeder von ihnen zieht direkt eine Pistole, wir sind unbewaffnet. Haben wir uns dieser Widersacher entledigt, öffnet sich sofort die Tür und zwei weitere Schurken ballern mit Schrotflinten in den Lift. Da hilft auch die verlangsamte Zeit fast nichts – diese Stelle müssen wir so lange wiederholen, bis wir die ideale Vorgehensweise finden.
Hauptmenü
Das Hauptmenü sieht aus wie ein DOS-Fenster. Ab und zu werden wir auch von Gegnern umgenietet, die einfach so hinter uns in den Level gespawnt werden. Das kommt nicht besonders oft vor, aber ein paar Stellen schaffen wir erst, nachdem wir lernen, wann Feinde an welcher Stelle auftauchen. Gelegentliche Neustarts in jeder Runde tun aber kaum weh. Jeder Level besteht nur aus zwei oder drei Räumen, die man im Erfolgsfall in ebenso vielen Minuten von Gegnern gesäubert hat. Superhot ist kein besonders langes Spiel.
Super aber zu kurz
Vom ersten Spielstart bis zum Abspann sind bei uns rund 90 Minuten vergangen. Beim erneuten Durchspielen beherrschen wir die Spielmechanik und sind mit den Levels vertraut, ein zweiter Durchlauf fällt darum noch eine Ecke knapper aus. Zudem bietet die lineare Story keinen großen Wiederspielwert. Missionsziele bewusst ignorieren, vom vorgegebenen Pfad abweichen, irgendwelche Entscheidungen treffen – Fehlanzeige.
Dass wir im Wertungskasetn trotzdem mehr Spielzeit angeben, liegt an den zwölf Challenge-Modes und den Hard- und Endless-Modes. So gibt es nach der Story zusätzliche Spielmodi, in denen man beispielsweise nur durchgehend ohne Waffen oder nur mit einem Katana ausgestattet spielen darf. Obendrauf gibt es Arena-Sessions, in denen man eine bestimmte Anzahl Gegner innerhalb eines Zeitlimits erledigen soll und einen Hardcore-Modus, in dem die Zeit beim Stillstand des Spielers vollständig einfriert. Dafür muss man allerdings alle 32 Level am Stück und ohne zu sterben erledigen.
Wer von Superhot nicht genug bekommt, holt mit diesen Modifikationen und dem Endlosmodus noch mal einige Spielstunden zusätzlich heraus – in Letzterem zählt am Ende die Anzahl der Kills, diese Highscore-Jagd wird dann wohl auch der größte Faktor für die Langlebigkeit von Superhot sein.
Spiel im Spiel
Superhot gewinnt wohl keinen Oscar in Sachen Grafik, aber immerhin ist die Optik durchweg stimmig. Die Umgebungen sind in schlichtem Weiß gehalten, Gegner sind rot und entgegenkommende Geschosse sind an roten Linien sofort erkennbar. In SUPERSHOT geht es in erster Linie um intelligentes Spielen. Bei jedem Tot sehen wir, wer oder was uns umbringt, damit wir uns beim nächsten Versuch geschickter anstellen.
Alles fängt mit einer gecrackte Version des Shooters an, welche wir von einem Freund gesendet bekommen haben und wir das Spiel ausprobieren sollen. Mit der Zeit merken wir, dass es sich bei Superhot um viel mehr als ein einfaches Spiel handelt. Die Story ist ausbaufähig, manchmal bekommen wir nicht mit, was in den Levels genau passiert. Und auch das Ende der Story ist nicht sehr gut. Neben den coolen Chat-Sequenzen zwischen den Levels, Auffinden von Replays, ASCII-Kunst und ähnliche Gimmicks, unterhalten uns auch zwischen den Missionen.
Fazit
So muss »Bullet Time« funktionieren! Wenn ich stillstehe, gibt mir Superhot reichlich Zeit, meine nächste Aktion sorgfältig zu planen, sämtliche Gegner und Projektile sind gut sichtbar. Wenn ich ins Gras beiße, bin ich selbst schuld – zumindest in den meisten Fällen. Level, in denen ein Feind plötzlich ohne Vorwarnung direkt hinter mir erscheint, sorgen bei den ersten Anläufen für Frust, denn hier hilft nur braves Auswendiglernen. Bei aller Liebe zur Zeitlupe verbirgt dieses Feature die etwas doofe KI. Viele bewaffnete Feinde lockt man einfach um irgendwelche Ecken oder trickst sie aus, indem man im Kreis um einen Pfeiler rennt. Diese verlieren dann gerne mal die Orientierung oder erschießen sich im Idealfall sogar versehentlich gegenseitig.
Trotz kleinerer Macken hatte ich wahnsinnig viel Spaß mit Superhot. Ob mit bloßen Fäusten, dem Katana oder der Schrotflinte – die Kämpfe sind wirklich super und sehen absolut umwerfend aus! Und genau deswegen hätte ich liebend gerne mehr! Die größtenteils genialen Story-Missionen sind viel zu schnell absolviert, auch wenn ich sie anschließend noch mal mit modifizierten Regeln spielen darf. So bleibt Superhot ein spektakulärer, actionreicher, aber auch kurzer Trip. Wer sich daran nicht stört, dass die fürs Geld gebotene Action etwas knapper und dafür sehr intensiv ausfällt, kann bedenkenlos zugreifen.