Spirit of the North 2 im Test: Ein wunderschönes Abenteuer, das sich in seiner Vielfalt etwas verzettelt

Spirit of the North 2 bientôt sur l'Epic Games Store

Wenn euch eine packende Atmosphäre und ein entspanntes Gameplay wichtiger sind als hektische Action, ist dieses Indie-Spiel genau das Richtige für euch. Was Spirit of the North 2 zu bieten hat, erfahrt ihr in unserem Test.

Spirit of the North 2 verführt mit einer atemberaubend stimmungsvollen Welt – von nebelverhangenen Küsten und idyllischen Wäldern bis hin zu unheimlichen Krypten, die von blutroten Ranken überwuchert sind. Die Atmosphäre ist so glaubwürdig, dass man das Gefühl bekommt, alte Sagen und Legenden erwachen hier zum Leben. Jede Faser meines Körpers möchte Spirit of the North 2 lieben – und das tut er auch oft genug. Doch trotz seiner vielen Stärken zeigt das Action-Adventure eine überraschende Schwäche: Es enthält mehr Spielmechanismen, als der Erzählung gut tut.

Ein Mix aus Souls und Zelda

Spirit of the North 2 strebt danach, mehr zu sein als nur ein klassischer Walking-Simulator und bietet spielerisch eine Vielzahl von Möglichkeiten. Im Vergleich zum ersten Teil kann ich diesmal meinen eigenen Fuchscharakter in einem Editor gestalten. Ein besonderes Plus: Vorwissen ist nicht erforderlich, denn trotz der ähnlichen Thematik handelt es sich bei Teil 2 nicht um eine direkte Fortsetzung.

Das Spiel entlässt die Spieler in eine offene Welt, die diesmal eine Vielzahl an Aktivitäten und Entdeckungen bereithält. Sie durchqueren weite Felder, betätigen verschiedene Mechanismen oder verschieben kleine Statuen, um Türen zu öffnen. Freche Waschbären werden gejagt, Sprungrätsel gemeistert und blaue Kristalle gesammelt, um Obelisken zu aktivieren und die Karte nach und nach freizulegen.

Das Spiel bietet sogar eine Schnellreise-Option und – Überraschung – eine Souls-Mechanik. Auch ohne klassische Kämpfe verlieren die Spieler beim Tod ihre erbeuteten Kristalle, die sie jedoch nach dem Wiederaufleben wieder aufsammeln können. Glücklicherweise verschwinden die Kristalle nicht beim erneuten Ableben.

Die simplen Rätsel fallen alle ähnlich aus. Meist müsst ihr ein Objekt wie eine Statue finden und irgendwo platzieren.

Im Kern bleibt Spirit of the North 2 jedoch ein Action-Adventure, das auf Erkundung setzt. Auf der weitläufigen Karte entdecken die Spieler nach und nach besondere Orte, die an die Rätseldungeons aus Breath of the Wild erinnern. Sie steigen mutig in die Höhe oder in den Untergrund, während sie klettern und Puzzles lösen. Am Ende jedes Abschnitts wartet ein Story-Schnipsel und ein Schlüssel, der den Zugang zu neuen Bereichen der Spielwelt freigibt.

Skills wie das Gleiten haben große Auswirkungen auf das Gameplay und eröffnen euch neue Wege.

Weniger ist mehr

Nichts davon wirkt erzwungen oder aufgesetzt, dennoch stellt sich bei den Spielern schnell eine gewisse Routine ein. Das Problem von Spirit of the North 2 liegt darin, dass die Mechaniken zwar gut gemeint sind, ihre Umsetzung jedoch nicht immer einen fesselnden Spielfluss erzeugt.

Schon beim Erstellen des Fuchses zeigt sich eine interessante Idee, die jedoch etwas ins Übermaß gerät – muss es wirklich die Wahl zwischen fünf verschiedenen Versionen brauner Augen sein? Das Problem setzt sich bei den Sprungpassagen fort, die vor allem herausfordernd sind, weil der Charakter nicht immer präzise auf Eingaben reagiert. Spieler stürzen daher regelmäßig in die Tiefe, nur um an einer Statue wieder aufzutauchen – ohne ihre gesammelten Ressourcen.

Zum Spielbeginn erstellt ihr euch euren eigenen Fuchscharakter. Extreme Veränderungen könnt ihr aber nicht vornehmen.

Leider wird das hier zu einer lästigen Fleißaufgabe, da die Spieler im Vergleich zu einem Dark Souls nicht wirklich dazulernen. Stattdessen hoffen sie einfach, dass der Fuchs beim nächsten Versuch endlich mitmacht. Auch das Leveldesign wird oft zum Problem. Obwohl die Landschaften atemberaubend sind, führt die organische und natürliche Gestaltung dazu, dass der ideale Pfad oft nicht sofort erkennbar ist. So kann es passieren, dass Spieler sich in einem finsteren Höhlensystem abmühen, ohne zu wissen, wie und wo es weitergeht – und das über einen längeren Zeitraum hinweg.

Die Sprungmechanik fühlt sich zum Teil etwas fummelig an, sodass der Fuchs schon mal in die Tiefe stürzt oder ein unfreiwilliges Bad nimmt.

Spielerführung ist eine wahre Kunst, besonders wenn das Ziel darin besteht, den Spieler nicht zu sehr an die Hand zu nehmen. Doch bei einer so weitläufigen und visuell ähnlichen Spielwelt kann zu viel Freiheit schnell zum Fallstrick werden. Auch andere Spielmechaniken blähen Spirit of the North 2 unnötig auf: Während die Fähigkeitenrunen den Charakter spürbar verbessern, liefern die Skillpunkte oft nur wenig effektive Verbesserungen wie etwas mehr Gesundheit. Dadurch stellt sich die Frage, ob das Spiel wirklich ein Rollenspielsystem benötigt hätte.

Spirit of the North 2 entfaltet seine größte Stärke, wenn die Spieler sich einfach treiben lassen und die Welt erkunden können. Es hätte mehr Abschnitte gebrauchen können, in denen die Spieler die Natur auf sich wirken lassen und die Atmosphäre in Ruhe aufnehmen können – ohne dass sofort eine neue Herausforderung auf sie wartet.

Die Welt von Spirit of the North 2 ist gewaltig. Damit ihr euch nicht verlauft, führt euch das rote Band zum nächsten Abschnitt der Geschichte.

Ein Universum voller Magie und Faszination

Spirit of the North 2 zeigt seine wahre Stärke, wenn es sich auf das Wesentliche konzentriert. Besonders die Interaktion zwischen den beiden Hauptfiguren begeistert die Spieler: Ganz ohne Worte entsteht eine enge Bindung. Wenn der Fuchs stürzt, reagiert der Rabe mit einem erschrockenen Krächzen, und bei der Lösung eines Rätsels hüpfen beide voller Freude auf und ab.

Die kleinen Botschaften, die in Spirit of the North 2 entdeckt werden, enthalten tatsächlich nützliche Informationen. Was zunächst wie eine mythische Prophezeiung wirkt, enthüllt beispielsweise, dass die Spieler kurz davorstehen, einem gewaltigen Vogelwächter in der alten Bibliothek gegenüberzutreten. Diese Hinweise sorgen nicht nur für eine angenehme Anspannung, sondern regen die Spieler auch dazu an, aktiv über die verstreuten Dokumente nachzudenken.

Die Geschichte um den Fuchs und seinen Gefährten wird ohne Worte erzählt, sorgt aber trotzdem für große Gefühle.

Die Welt von Spirit of the North 2 ist vollgepackt mit Geheimnissen und verwunschenen Orten, die eine monumentale und fast unheimliche Atmosphäre ausstrahlen. Diese Orte jagen den Spielern immer wieder wohlige Schauer über den Rücken. Ähnlich wie in Shadow of the Colossus wirken sie uralt und gewaltig. Die Spieler fühlen sich klein, unscheinbar und zugleich von einer tiefen Neugier getrieben. Sie wollen mehr über diese Schauplätze erfahren und herausfinden, was dort einst geschehen ist – ganz ohne, dass das Spiel ihnen dies direkt aufzeigt.

Fazit

Spirit of the North 2 baut auf vielen Stärken des Vorgängers auf. Die weitläufige, teils sehr leere Spielwelt wird hier gezielt als Stilmittel eingesetzt, das den Spielern ein Gefühl der Einsamkeit und Unbedeutsamkeit vermittelt. Umso stärker klammern sie sich an jedes kleine Puzzle und jeden geheimen Pfad, der neue Antworten und Aufgaben eröffnet. Auch die liebenswerten Tierhelden treiben die Spieler immer weiter. Während die Ambitionen der Open World in die richtige Richtung zielen, hätten sich viele bei den eigentlichen Spielmechaniken einen einfacheren Ansatz gewünscht. Manchmal ist weniger eben doch mehr, und nicht jedes Spiel muss mit der Fülle an Aufgaben und Optionen konkurrieren, die man von großen Studios wie Ubisoft kennt.

Spirit of the North 2 ist ein malerisches Open-World-Adventure, das mit einer dichten Atmosphäre begeistert und die Spieler in eine nordische Sagenwelt entführt. Obwohl die Spielmechaniken stellenweise überladen oder nicht ganz ausgereift wirken, sorgt die packende Geschichte in Verbindung mit dem Entdeckerdrang dafür, dass die Spieler immer weiter angetrieben werden.

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